Heutzutage gibt es kaum noch einen Ernstfall der sich nicht mit Hilfe aufwendiger Computerspiele in den eigenen vier Wänden kontrolliert proben lässt, z.B. der Krieg. Spitzenreiter unter den Kriegsspielen ist gegenwärtig DOOM. Mit diesem Action Game sind die Zeiten vorbei, da man als Freizeitkrieger gegen immer gleiche und gleich angreifende und daher bald langweilige Monster antreten mußte. Denn DOOM erlaubt nicht nur Landschaften, Lichtverhältnisse, Bebauungen und die zum Einsatz kommenden Waffen zu designen. Nein, es erlaubt auch, die Früchte dieser kreativen Energie, die früher in den Bau einer Spielzeugeisenbahnanlage eingegangen sein mag, im Kampf gegen bis zu vier Mitspielern zu testen, mit denen man über ein Netzwerk verbunden ist. In diesen DEATHMATCHES wird bis zum bitteren Ende gekämpft, eine Schule auch für das Leben vor der Haustür? Oder einfach nur die zeitgemäße Art, sich vorm Ertrinken in der Flut der Kriegsbilder zu retten?
Aber nicht nur Erzeugnisse wie DOOM bieten die Möglichkeit, aggressive Impulse spielerisch auszuagieren. Den sogenannten Laserdromes war allerdings nur ein kurzes Dasein vergönnt. Der Spaß einander mit Laserkanonen abzuschießen, wurde als menschenverachtend untersagt. Den spielerischen Formen von Stellvertreterkriegen kann man mit diesem Argument nicht beikommen. Das sieht man an einer neuen Form von Wettbewerben, die vor einigen Jahren in Japan begonnen haben und mittlerweile schon mit Preisgeldern bis über DM 100.000,- ausgetragen werden. In den U.S.A. ging gerade die zweite Veranstaltung dieser Art zu ende: die Robot Wars. Wer je den Film Der Terminator gesehen hat, wird zurecht dessen Anfangsszenen vor Augen haben. Sie zeigen hochgerüstete Maschinen, die sich gegenseitig massakrieren. Um nicht weniger geht es bei den japanischen und amerikanischen Robot Wars. Die Reize der in verschiedenen Gewichtsklassen bis 100 Kilo stattfindenden Kämpfe sind vielfältig. Nicht nur die Verrenkungen der Maschinen, sondern auch die der sie fernsteuernden Akteure zu beobachten, gereicht zum Zeitvertreib. Da jedermann teilnehmen kann, treffen Entwicklungen von Technologieriesen auf selbstgebastelte Eigenbauten, die nicht selten überlegen sind. Auf den Second Annual Robot Wars in San Francisco erheischte ein Modell mit überdimensionierten Huberschrauber(schneide!)blatt Bewunderung, das aber im dicken Holzpanzer einer so obsiegenden Schildkröte steckenblieb. Nicht weniger Ausgeburt martialischer Phantasie war ein auf den Kopf gestellter Rasenmäher, der natürlich ohne Schutzbleche auf seine Gegner losging! Vergleichsweise friedlich, aber sehr effizient bewegte sich ein Dreirad über das mit Schrauben und Schrott übersäte Schlachtfeld. An einer Schnur mit regulierbarer Länge zog es einen stacheligen Igel hinter sich her, sozusagen eine Kombination zwischen mitteralterlichem Morgenstern und argentinischer Bola, die sich durch geschicktes Fahren um den Feind wickelt. Sollte dieser die Bekanntschaft mit dem Igel überstehen, folgt das aus dem Wilden Westen bekannte Ich-ziehe-dich-mit-meinen-Lasso-Spiel. Für die in angemessener Distanz sitzenden Zuschauer war der Thrill allerdings erst immer dann am größten – ähnlich wie im Motorsport -, wenn eines der Monster außer Kontrolle und in ihre Ränge geriet. Fröhlicher kann man Zukunft wohl nicht üben.
Zuerst erschienen 1995 in Frankfurter Rundschau