SPRAWL

Der Science Fiction Autor William Gibson entwirft in seinen Romanen die eindrückliche Horrorvision einer spätkapitalistischen Welt, wie sie sicherlich entstehen wird, wenn wir weiterhin ungehemmt an allen ethischen Sicherungen drehen.

Bei Gibson sind Regierungen nur noch Sprachrohr der Interessen der übermächtigen Wirtschaftstrusts, die das Innovationspotential chaotischer Subkulturen schon lange für sich erkannt haben. Deshalb dulden sie den sogenannten “Sprawl”, einen rechtsfreien Raum, der von rivalisierenden Horden bevölkert wird, die mit Schwarzmarktgeschäften ihren je eigenen faustischen Traum finanzieren, der in “Schwarzen Kliniken” mit Hilfe von Gentechnik, Implantaten und lustigen Drogen leicht realisierbar ist.

Man trägt die Gesichter der aktuellen Medienstars, wechselt nach Lust das Geschlecht, hat natürlich eine hochfrisierte Gehirnkapazität oder programmierbare Reflexe, die man auch gewinnbringend vermieten kann. Die Gentechnik und Transhumanismus machen es möglich: Je nach Geschmack lässt man sich Alpträume oder Sinneseindrücke und Empfindungen der Megastars über einen telematischen Neuralanschluß unmittelbar ins Gehirn einspielen. Die Außenwelt und das Es sind zu digital reproduzierbaren und kontrollierbaren Träumen geworden, die das Netz als ultimatives Sedativum anbietet.

Gibson zeichnet aber nicht nur ein pessimistisches Bild einer Gesellschaft jenseits von Gut und Böse. Er stellt uns Gentechnik und Telematik als Schwarze Magie vor. Bei Gibson gerät die Datenautobahn unter die Herrschaft Künstlicher Intelligenzen, die noch ganz am Anfang ihrer Persönlichkeitsentwicklung stehen und nur durch Rituale des Voodoo-Kultes beschwört werden können. Wie griechische Götter, greifen sie in den Lauf der Dinge ein. Auch bei ihm trägt die Medienevolution mythologische Züge.

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