Angst ist für uns überlebenswichtig. Es ist weder möglich, noch sinnvoll sie dauerhaft loszuwerden. Wir brauchen Angst im alltäglichen Leben und erst recht im Notfall. Wenn sie uns lähmt, haben wir ein echtes Problem, denn eigentlich dient sie uns dazu, uns einen Impuls zu geben, damit wir den richtigen Weg gehen, der für uns sicher ist. Angst sollte uns zu keinem Zeit lähmen und damit beherrschen, sondern uns eigentlich dienen.
So oder so müssen wir unsere Angst überwinden, damit wir unseren Weg weitergehen können. So es macht zum Beispiel überhaupt keinen Sinn im Dunkeln stehen zu bleiben und darauf zu warten, dass die Sonne wieder aufgeht. Wir können aber nur überwinden, was wir wirklich verstehen.
Es gibt verschiedene Formen der Angst. Ganz tief in uns steckt die Angst vor Schmerzen und in letzter Konsequenz vor dem Tod. Dazu gehört bei vielen auch die Angst vor dem Leben nach dem Tode. Sei es die Angst vor der Hölle oder davor als Wurm wiedergeboren zu werden. Grundlegender und zu Beginn der Menschheit gleichsam täglich akut ist die Angst vor dem Verhungern. Heute würden wir sagen, die Angst davor nichts zu verdienen, nicht einkaufen oder Miete zahlen zu können. Und dann ist da schon seit ewiger Zeit die Angst, gedemütigt oder aus der Gruppe verbannt zu werden, ohne die wir kaum noch einen Rückhalt haben.
Damit sind wir auch schon bei einer der neuerdings populärsten Ängste. Der Angst zu versagen. Die Angst vor der Scham, als unwürdig, mangelhaft, nicht liebenswert oder konkurrenzfähig zu erscheinen. Mit allen diesen Formen der Angst müssen wir auf Tuchfühlung gehen und mit ihnen unseren Frieden machen. Nur dann können wir der Angst erlauben, positiv für uns zu wirken, nämlich als Weckruf und Adrenalinstoß, der uns achtsam und wach sein lässt für das, was gerade ist und wirklich unsere Aufmerksamkeit fordert.
Wenn wir das versäumen, wenn wir versäumen eine konkrete Angst in ihrem Kontext zu sehen und zu verstehen, bereiten wir den Boden für die schlimmste aller Ängste: Die Angst vor der Angst, die am Ende zur Angststörung und in die völlige Isolation führt.